Die Geschichte der Speisekarte
Die Gelehrten streiten sich, seit wann es Speisekarten gibt ...
Durchaus möglich, dass schon assyrische Gastwirte ihr Tagesmenü auf Tontafeln geritzt und vor die Tür gestellt haben. Und noch viel früher, in den Anfangszeiten der Menschheit, hat der Jäger Ur das Bärenfell vor seine Höhle gehängt, und da wussten seine Freunde, bei ihm gibt es was zu knabbern.
Von den alten Griechen und Römern sind authentische Speisefolgen überliefert, also müssen sie aufgeschrieben worden sein. Vielleicht bestand damals schon die Sitte, wie später im Mittelalter, dass ein Hofmeister die prächtig aufgetragenen Gerichte ankündigte.
Die Menü- und Speisekarten, in der Verbreitung und Form, wie wir sie heute kennen, sind erst im 19. Jahrhundert entstanden. Es waren zwei Ereignisse nötig, damit sich die Speisekarten einbürgern konnten: das eine war die Entstehung der ersten öffentlichen Restaurants um 1770 in Paris, das andere der grundlegende Wechsel in der Art des Servierens, welcher sich Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Europa vollzog.
Mit der Auflösung des französischen Hofes und dem Ende des prunkvollen Lebensstils des Adels, eröffneten die arbeitslos gewordenen Köche in Paris die ersten öffentlichen Speiselokale in der weisen Erkenntnis, dass auch Revolutionäre gelegentlich hungrig sind und ein gut zubereitetes einem lieblos aufgetischten Mahl vorziehen.
Nun konnte jedermann – sofern er das nötige Kleingeld besaß – dann auswärts essen gehen, wenn er gerade Lust dazu hatte und aus einer Fülle exzellent zubereiteter Gerichte das ihm persönlich Zusagende aussuchen.
In einer Speisewirtschaft im damaligen Paris fand man ein fast unglaubliches Angebot an Speisen und Getränken: zwölf verschiedene Suppen, 24 Hors d'oeuvres, 15 bis 20 Speisen von Rindfleisch, 20 von Schaffleisch, sechs bis 20 von Kalbfleisch, 30 von Geflügel und Wildbret, 24 von Fisch, 15 Braten, zwölf Pasteten, 50 Zwischenessen und 50 Desserts. Zusätzlich standen dem Gast 30 verschiedene Weine 20 bis 30 verschiedene Arten Liköre sowie Kaffee, Punsch und Glühwein zur Verfügung.
Das große Angebot musste dem Gast also bekannt gemacht werden. In den früheren Gasthöfen hatte es noch keine Menü- und Speisekarten gegeben, dafür hingen an der Wand großgeschriebene Tafeln, die über die vorhandenen Speisen und Getränke informierten. Diese waren nun nicht mehr ausreichend und Speisekarten wurden damit zu einer Notwendigkeit.
Von Frankreich aus verbreitete sich diese neue Art von Speisewirtschaft in relativ kurzer Zeit über die halbe Welt – zusammen mit den neuartigen Speisekarten.
Speisekarten in Deutschland
Es existieren Aufzeichnungen aus den Jahren 1148, 1373, 1503, 1524, 1541 (Reichstag von Worms) und 1563, die Auskunft darüber geben, was man zu Tische aß. Die erste, mit unserer heutigen Zeit vergleichbare Niederschrift der Gangfolge als Information für den tafelnden Gast soll folgende sein:
Anlässlich eines Banketts bei den Fuggern während des Reichstages von Augsburg 1555 lag dem Braunschweiger Herzog Heinrich ein langer Zedel vor, den man als erste Speisekarte bezeichnen kann.
Der Herzog war sehr dick, eine Folge seiner Vorliebe für üppige Speisen. Da zu solchen Banketten eine Unmenge an Gängen und Gerichten offeriert wurden, sah Heinrich die Notwendigkeit, diese vorher zukennen, damit er seinen Appetit auf die besten einstellen konnte und für spätere ein Plätzchen freilassen konnte. Der Fuggersche Küchenchef stellte ihm auf seine Bitte eine Liste der Köstlichkeiten auf.
Es ist wohl die erste Speisekarte, die in Deutschland erwähnt wird, und somit Herzog Heinrichs Erfindung. Graf Haug von Zimmern auf Hohenzimmern bei Rottweil in Württemberg berichtet von dieser Neuerung.
Er war Herzog Heinrichs Tischgenosse und bemerkte den langen Zettel, der neben dem Teller des Braunschweigers lag. Neugierig geworden erkundigte sich der Graf nach der Bedeutung und hielt diese Erfindung für so wichtig, dass er sie in den Aufzeichnungen seines Hauses, der Zimmerschen Chronik, vermerkte
"Es het herzog Hainrich ein langen Zedel bei im uf der tafel liegen ... Darinn het im der Kuchenmaister alle Esen und drachten ordenntlich ufgezaichnet. Unnd kunt sich Herzogen Hainrich demnach mit seinem Esen darnach richten und sich uf die bösten Trachten sparen."
(Tracht = aufgetragener Gang; Gang, weil zum Herbeibringen des neuen Gerichtes der Bedienstete jedes Mal einen neuen Gang machen musste.)
Natürlich profitierte auch der Graf während des Banketts von dem Zedel des Herzogs. Leider ist nicht überliefert, welche Gerichte auf dieser ersten Speisekarte standen.
Die Zukunft von Speisekarten
Speisekarten gibt es, wie
gelesen, im Gastgewerbe seit Anfang des 17. Jahrhunderts. In der Vergangenheit waren sie oft wahre Wunderwerke sprachlicher und grafischer Wohlredenheit. Sie unterschieden sich wesentlich von den heute so nüchternen Aufzählungen. Deckblätter von Speisekarten wurden von Künstlern und Malern entworfen, sie wurden mit Goldfarben und anderen Edelstücken verziert. Das geschieht heute nur noch in
Ausnahmefällen.
Die heutigen Speisekarten sind vielfach nur noch langweilig gestaltete, einfallslose Aufzählungen. Es wird nicht mehr so viel Wert auf das Aussehen gelegt, sondern eher den Speisen und vor allem Preisen die Aufmerksamkeit geschenkt. Meist ist den Restaurateuren nicht bewusst, dass die Speisekarte ihre Visitenkarte ist.
Aber auch Speisekarten werden sich zukünftig wandeln (müssen). Die Wandlung wird von Land zu Land, von Betrieb zu Betrieb verschieden sein, und sich doch immer am Zeitgeist orientieren.
Auf jeden Fall kommt es bei Speisekarten zu einer Diversifikation, wie in fast allen Bereichen unserer Gesellschaft. Es wird die einfach und reißerisch gestaltete Karte für den anglo-amerikanisch angehauchten Event-Gastronomen genauso geben wie die klassisch, gastrosophische Karte für den Genießer, der Haute Cuisine in allen Aspekten zu schätzen weiß. Darüber hinaus wird es auch noch viele weitere Spielarten geben, und ich muß sagen: Ich freue mich schon darauf.
Der Vermutung, dass es in Zukunft vermehrt elektronische Speisekarten geben wird, kann ich mich nicht voll anschließen. Denn Essen ist immer noch ein sinnlicher Vorgang, zu dem die anfassbare Speisekarte gehört.
Neben ihrer eigentlichen Aufgabe sind diese Menükarten liebenswürdige Erinnerungsstücke, besonders wenn jemand mit gutem Geschmack die Karte ausgewählt und den Druck bestimmt hat. Manche dieser Karten sind geschmückt mit Miniaturen, Aquarellen, Pastellen, Gouachen, richtige kleine Meisterwerke, deren Gegenwart neben dem Gedeck für den Gast ein Vergnügen bildet.
Auguste Escoffieraus "Livre des menus"
Geschichte der Gastronomie
Zur Geschichte des Restaurants
Im 16. Jahrhundert begannen englische Inns und Tavernen zu festgelegten Zeiten und zu einem Einheitspreis ein Tagesgericht anzubieten, an einem gewöhnlichen Tisch und mit speziellem Geschirr. Das Gericht wurde das "ordinary" genannt.. Zwei sehr bekannte "ordinairies" waren das "Castle" und "Lloyd’s", ein Treffpunkt von Kaufleuten. Im 17. Jahrhundert wurden aus den "ordinaries" Clubs, Spielsalons und Zentren intensiver politischer Debatten und Aktivitäten, bis sie von Charles II im Jahre 1675 geschlossen wurden.
Ursprünge der Gastronomie in Frankreich
Bis ins frühe 18. Jahrhundert aß man in Paris öffentlich nur in Gasthöfen und in den Läden von "traiteurs":
In den Gasthöfen saßen die Übernachtungsgäste mit am Tisch des Gastherrn. Man aß zu einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Essen (Tagesgericht) und zahlte einen Einheitspreis.
Die "traiteurs" verkauften hauptsächlich Fleisch, Ragouts und Pâtisserie über die Straße, also Speisen, die man mit Holzfeuer, ohne die Möglichkeit einer genauen Kontrolle der Temperatur, zubereiten konnte.
Der Name "Restaurant" wurde erstmals 1765 in Paris benutzt. Ein Suppenverkäufer namens Boulanger verkaufte Schafsfüsse in weißer Sauce. Er nannte seinen Suppen "restaurants" or "restoratives", weil man mit ihnen seine Körperkraft wieder herstellen konnte. In seinem bescheidenen Restaurant konnte man erstmals zu einer Zeit eigener Wahl (innerhalb der Öffnungszeiten) aus einer Anzahl von Speisen eine individuelle Auswahl treffen (à la carte) und eine sich aus der Addition der Preise einzelner Komponenten ergebende Rechnung (l'addition) begleichen.
Bereits 1651 hatte Pierre Francois de la Varenne (1615-78) in seinem Kochbuch "Le Vrai Cuisinier Francois" die Kochpraktiken in den Häusern des französischen Adels zusammenfassend dargestellt.
Im Lexikon von Trévoux von 1771 findet sich erstmals eine Definition der Betreiber von Restaurants (von mir übersetzt): Restaurateure sind solche, die die Kunst beherrschen, Consommés, genannt Restaurants, und Bouillons zuzubereiten. Und sie haben das Recht, alle Sorten von Saucen und Suppen herzustellen.
1782 eröffnete mit "La Grande Taverne de Londres" ein erstes Luxusrestaurant in Paris. Der Besitzer
Antoine Beauvilliers avancierte zu einer gastronomischen Autorität und schrieb 1814 das Buch "L' Art du cuisinier", ein Standardwerk der französischen Kochkunst.
Jean-Athelme Brillat-Savarin (1755-1826), ein häufiger Gast, bescheinigte ihm, der erste gewesen zu sein, der die vier Essentials
eleganter Raum,
freundliche Bedienungen,
gepflegter Weinkeller und
überragende Küche
kombiniert habe. Bekannt wurde sein Aphorismus: "Die Tiere fressen, der Mensch ißt, und nur der Mann des Geistes versteht es, das Essen zu genießen."
Nach der französischen Revolution (1789-1799) eröffneten viele der arbeitslos gewordenen Küchenchefs von Adelshäusern Restaurants oder fanden darin eine Beschäftigung, sowohl in Paris aber auch im Exil, vor allem im reichen London. "
Rules", Londons ältestes Restaurant (1798) exisitiert noch heute. 1804 gab es in Paris bereits mehr als 500 Restaurants.
Vor der französischen Revolution speiste man überwiegend mittags zwischen 13 und 15 Uhr. Wegen der Deputiertenversammlungen, die üblicherweise bis 17 Uhr dauerten, verlagerte sich die Hauptessenszeit der Volksvertreter und ihnen folgend der meisten Bürger auf den Abend.
Mit der Veröffentlichung des "Almanach des gourmands" im Jahre 1803 erfand
Alexandre Balthazar Grimod de la Reyniere (1758-1838) die Gastronomiekritik. Der neue "Literaturzweig" fand bald ein starkes Echo bei gebildeten Leuten, die der elitären mondänen Salons überdrüssig waren und sich mit Freude in diese neue soziale Kultur stürzten, die in den Restaurants auflebte.
Das während der Napoleonischen Ära bedeutendste Restaurant "Véry" führte auf seiner Speisekarte ein Dutzend Suppen, zwei Dutzend Fischgerichte, 15 Fleischgerichte und Unmengen an Beilagen.
Honoré de Balzac verschlang im "Véry" ungeheure Mengen von Austern, Fisch, Fleisch, Früchten, Wein und Spirituosen. Das Restaurant "Véry" wurde 1869 von dem benachbarten Restaurant "Le Grand Véfour" übernommen, welches bis in die Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts bewirtschaftet wurde. Ein weiteres überrragendes Etablissement im 19. Jahrhundert war das "Café Foy", später "Chez Bignon" genannt, in dem der englische Schriftsteller William Makepeace Thackeray und der italienische Komponist Gioacchino Rossini verkehrten. Am 23. April 1893 eröffnete der Kellner Maxime Gaillard in Paris ein Lokal, das bald zum kulinarischen Zentrum von Paris wurde und das 1979 als erstes Restaurant der Welt unter Denkmalschutz gestellt wurde: das luxuriöse
Maxim's (siehe dazu ein Kalenderblatt "
1893: Eröffnung des "Maxim").
Um 1800 hatte der
Count von Rumford eine Vielzahl nützlicher Küchengeräte erfunden, so den
Backofen, das Kochen unter Druck, eine
Kaffeeröstmaschine und eine
Thermoskanne, wodurch sich das Angebot in den Restaurants erheblich erweitern ließ. Die von ihm entwickelte Anordnung von einzeln regulierbaren Herden ("
range") ermöglichte eine effiziente Zusammenarbeit in der Küche, ersetzte das Nebeneinander von Köchen an einzelnen Holzfeuern und erlaubte, die Methoden der Zubereitung von Speisen mit unterschiedlichen Temperaturen zu entwickeln. Man ging zunehmend davon ab, große Fleischstücke zu grillen, und dazu über, "á la minute" zuzubereiten.
Count von Rumford ist eine faszinierende Persönlichkeit, ein als Benjamin Thompson 1753 in Massachusetts (damals noch eine britische Kolonie) geborener, schwuler Amerikaner, der es mit 19 zum Offizier der britischen Armee bringt, von den amerikanischen Revolutionären der Spionage für Großbritannien bezichtigt wird und nach England flieht. Dort wird er als Physiker bereits mit 26 Jahren Mitglied der
Royal Society und gilt als einer der Entdecker des Naturgesetzes von der Erhaltung der Energie. 1783 geht er nach München, wird bayerischer Kriegs- und Polizeiminister, rationalisiert die Waffenindustrie und führt nebenbei in Bayern die Kartoffel ein. Karl Theodor, Kurfürst von Bayern und der Pfalz (1777-1799), erließ, angeregt durch ihn, das Kurfürstliche Reskript, in jeder Garnisonsstadt einen Militärgarten anlegen zu lassen, so z.B. 1789 den
Englischen Garten in München. Die Idee der "Suppenküchen" zur Speisung von Armen (vegetarische "
Rumfordsuppe") wird ihm ebenfalls zugeschrieben. Später wurde er geadelt (zum Herzog des "Heiligen Römischen Reiches") und zum Generalleutnant befördert. Er entwickelte unter anderem
Öfen für das kontinuierliche Brennen von Kalk,
Apparaturen zur Untersuchung der Wärmestrahlung und lieferte, vermutlich angeregt durch seine Atlantiküberquerungen, seiner Zeit weit voraus eine Theorie für das
Phänomen der Meeresströmungen und damit der heutigen Klimagrundlagenforschung. Er stiftete eine Preis für Wärmetheorie der Royal Society ("Rumford Medal"), der bis heute vergeben wird. Um 1800 ging er nach Frankreich, revolutionierte dort die Restaurantküchen (siehe oben). Als er 1814 an Fieber starb, legte er mit seinem Vermögen die Grundlagen des
Departments of Physics der Harvard University ("Rumford Professorship"). Heute existiert noch eine Firma
Buckley Rumford Co., die u.a. Öfen und Kamine nach seinen Plänen verkauft.
Die Suppenküchen begründen auch die Tradition der Betriebsverpflegung oder Kantinen, siehe etwa die ab 1891 betriebsunabhängig betriebene
Kaffee- und Speisehalle "Am Serrahn" in Bergedorf.
Bereits nach den Befreiungskriegen 1812/13 wurde das Bistro "erfunden". Die Pariser Gastronomen boten den hungrigen Kosaken, die 1814 Paris besetzt hatten, geschäftstüchtig eine günstige kleine, schnelle Mahlzeit an. Das russische Wort "bystro" bedeutet schnell (vergleiche: Russian Culture Guide:
Alexander I).
Frankreich brachte viele der besten Küchenchefs hervor, wie
Georges-Auguste Escoffier (1847-1935), der die Küche im
Luxushotel von César Ritz organisierte und dort die "brigade de cuisine" (Küchenbrigade oder kitchen team) einführte, welches aus gut trainierten Experten besteht mit klar definierten Aufgabengebieten. Diese Brigaden bestanden aus einem "chef", auch "gros bonnet" genannt, einem "sauce chef", einem "entremettier" für Suppen, Gemüse und Nachspeisen, einem "rôtisseur" für das Fleisch und einem "garde manger" für alle Beilagen und kalten Speisen. Escoffier's Werk "Guide culinaire" avancierte später zur "Bibel aller Köche",
Bedient wurde im "service à la francaise": Der Kellner stellt sich links vom Gast hin und bietet ihm die Schüssel, auf der das Besteck liegt, der Gast bedient sich selbst. Beim "englischen Service" bedient der Kellner selbst jeden Gast, indem er den Löffel zwischen Zeige- und Mittelfinger hält, die Gabel zwischen Daumen und Zeigefinger. Am verbreitesten in erstklassigen Restaurants ist heute der "grand service à la russe": Die Gerichte werden den Gästen gezeigt, bevor sie an einem kleinen Beitisch ("guéridon") auf Teller gelegt und den Gästen vorgelegt werden.
1860 hatte ein Metzger, Pierre-Louis Duval, die Idee, die in den Jahren 1854 bis 1857 errichteten, von den Architekten Victor Baltard und Félix Emmanuel Callet geplanten, gußeisernen, zentralen Markthallen gastronomisch zu nutzen ("Les Halles"). Angeboten wurde ein Stück Rindfleisch, serviert in seiner Brühe, woraus sich der Name "Bouillons" ableitete. Die durch die Folgen des 1871 verlorenen Krieges gegen die Deutschen verursachte Verarmung förderte diese Billigrestaurants. 1896 schufen Camille und Edouard Chartier den ersten "
Bouillon Chartier" mit einem grandiosen Dekor. Das erst 1906 entstandene "
Bouillon Racine" bietet noch heute eine köstliche Fleischsuppe, wenn auch eher für Gutverdienende.
Nach dem verlorenen Krieg 1870/1871 kamen viele Flüchtlinge aus Elsaß-Lothringen nach Paris und mit ihnen Brauerei-Gaststätten (Brasserien), die elsässische Küche anboten. Sie wurden auch angelockt durch den großen Erfolg der ersten Brasserie
Bofinger, die 1864 eröffnet worden war,, aber anfangs nur "Charcuterie“, also kalte Platten mit Wurst und Fleisch zum Bier anbot. In vielen Städten außerhalb Paris entstanden weitere Zentren französischer Kochkunst so etwa im Burgund und im Elsaß.
Fernand Point (1897-1955) war Küchenchef und Besitzer des Restaurants "La Pyramide" in Vienne. Er legte die Grundlagen der Nouvelle Cuisine.
Paul Bocuse ist zwar allgemein als "Papst der Nouvelle Cuisine" berühmt, erfunden hat sie in den 70er des letzten Jahrhunderts aber ein anderer: der Koch
Michel Guérard. Eine Rolle in der Entstehung der Nouvelle Cuisine spielte auch die Anwesenheit japanischer Chefs in dieser Zeit in vielen französischen Küchen. Sie kamen, um die französische Kochkunst zu lernen, und beeinflußten die Franzosen ihrerseits mit ihrem Stil, z.B. mit minimalistischen, winzigen, vorgeschnittenen Portionen, malerisch auf Tellern verteilt.
Ausgewählte Restaurants in ganz Frankreich werden jährlich vom Restaurantführer Michelin bewertet und mit einem, zwei oder drei Sternen ausgezeichnet (siehe unsere Seite "
Restaurant- und Hotelführer"). Im Jahr 1900 veröffentlichten die Brüder Edouard und André Michelin den ersten Roten Michelin-Führer, der neben Empfehlungen zu Übernachtungsmöglichkeiten auch praktische Tipps für den Autofahrer bereit hielt. Mehr als 700 Millionen Michelin Reiseführer wurden seit 1902 vertrieben, davon allein 28,5 Millionen Rote Michelin-Führer Frankreich.
Mit der Entwicklung des Automobilverkehrs wurden im 20. Jahrhundert Restaurants auf dem Lande populär.
Im Jahr 1953 nahm Raymond Olivier, der Küchenchef des Grand Véfour in Paris, regelmäßig an einer Fernsehsendung mit dem Titel "Kunst und Magie der Küche" teil. Der Erfolg war durchschlagend. Heute sind Kochsendungen verschiedenster Formate Bestandeil der Fernsehprogramme in vielen Ländern, bis hin zu Sendungen in Deutschland wie
Bioleks "alfredissimo!" (mit prominenten Gästen) oder in Spielform wie
Kochduell oder Sendungen in den USA wie "
Mollie Katzen's Cooking Show" oder die Website
Foodtv.com mit einer Übersicht aller US-Sendungen.
Heute unterscheidet man in Frankreich, auch wegen unterschiedlicher Berechtigungen zum Ausschank von alkoholischen Getränken, drei Kategorien:
Bistro oder Brasserie, ein einfaches, informelles und preiswertes Etablissement.
das mittelpreisige Restaurant
und das elegante Grand Restaurant.