Freitag, November 10, 2006

Kennzeichnung und Zulassung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel

Kennzeichnung und Zulassung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel


Die neuen Verordnungen über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel
Bisher wurden Zulassung und Kennzeichnung von Lebensmitteln aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) durch die seit 1997 gültige Novel Food-Verordnung geregelt, unter die auch andere Kategorien neuartiger Lebensmittel fallen. Für Lebens- und Futtermittel aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gibt es in der Europäischen Union (EU) jetzt eigene Regelungen. Sie wurden am 18.10.2003 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, sind seit 07. November 2003 in Kraft und werden nach Ablauf von sechs Monaten angewandt (18.04.2004). Die "alte" Novel Food-Verordnung verliert dann für gentechnisch veränderte Lebensmittel und Zutaten ihre Gültigkeit.

Was sind Inhalte der neuen Verordnung?

Die neuen Verordnungen über gentechnisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel verschärfen die Vorschriften für die Kennzeichnung und Zulassung. Zusätzlich werden Bestimmungen zur Rückverfolgbarkeit und zum Schutz der Umwelt neu eingeführt. Die Regelungen werden zudem auf gentechnisch veränderte Futtermittel ausgedehnt. Futtermittel werden damit rechtlich mit den Lebensmitteln auf eine Ebene gestellt. Die Verordnungen sehen eine Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf alle aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmittel und Futtermittel einschließlich Zusatzstoffe und Aromen vor. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung ist die Kennzeichnung auch dann notwendig, wenn die gentechnisch veränderten Bestandteile nicht nachweisbar (z. B. hochraffinierte Öle) oder nicht mehr im Produkt enthalten sind.
die Verordnungen (EG) Nr. 1829/2003 und 1830/2003 sind seit 07. November 2003 in Kraft. Nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten werden sie seit 18.04.04 angewandt.






Welche Produkte fallen unter die neuen EU-Verordnungen?

Unter die neuen EU-Verordnungen fallen
► Lebensmittel und Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe und Aromen),
die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind (z. B. gentechnisch veränderte Sojabohnen, gentechnisch veränderte Maiskörner) oder solche enthalten
die aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) hergestellt werden (z. B. Sojamehl, Maisstärke, hochraffinierte Öle)
sowie
â–º Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe,
die aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) bestehen oder solche enthalten
die aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) hergestellt wurden
Nicht unter den Geltungsbereich der Verordnung fallen:
Lebensmittel, Zutaten und Zusatzstoffe, die nicht aus, sondern mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden, z. B. Lebensmittel wie Fleisch, Milch oder Eier von Tieren, die gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben.
Ausgeklammert bleiben auch technische Hilfsstoffe, da sie nicht zu den Lebensmitteln und Zutaten gerechnet werden.












Zulassungskriterien und Zulassungsverfahren
Bevor gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel auf den Markt kommen dürfen, müssen sie zugelassen werden. Die Kriterien, die gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel erfüllen müssen, um eine Zulassung zu erhalten, bleiben im Kern dieselben wie in der Novel Food-Verordnung, welche allerdings nur für Lebensmittel galt.
Welche Kriterien muss ein Produkte für die Zulassung erfüllen?
bei Lebensmitteln
bei Futtermitteln

keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf die Umwelt
keine Irreführung des Verbrauchers
keine Ernährungsmängel durch normalen Verzehr als Ersatz des konventionellen Lebensmittels
gesundheitliche Unbedenklichkeit für Mensch und Tier sowie die Umwelt
keine Irreführung des Anwenders
keine Schädigung und Irreführung des Verbrauchers durch Merkmalsäußerungen bei tierischen Erzeugnissen
keine Ernährungsmängel für Mensch oder Tier durch normalen Verzehr als Ersatz des konventionellen Futters


Wie erfolgt die Zulassung?

Die Verfahren und die Genehmigungsvoraussetzungen für die Zulassung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln sind deutlich geändert. Alle Produkte müssen ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. Das früher nach der Novel Food-Verordnung mögliche Anmeldeverfahren (Notifizierung), bei dem sich die Sicherheit aus der Feststellung der wesentlichen Gleichwertigkeit (substanzielle Äquivalenz) mit konventionellen Erzeugnissen ableitete, ist nicht mehr möglich.
Das EU-weit einheitliche Zulassungsverfahren besteht im Wesentlichen aus folgenden Schritten:
Anträge auf Zulassung gehen an die national zuständigen Behörden, in Deutschland an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die wissenschaftliche Bewertung der Sicherheit erfolgt durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf der Basis der Antragsunterlagen und Dossiers der Hersteller.
Die Antragsunterlagen müssen auch Verfahren zum Nachweis und zur Probennahme, einschließlich Referenzmaterial, enthalten.
Ferner sind bei der Antragsstellung eines gentechnisch veränderten Organismus Unterlagen zur Umweltverträglichkeit sowie gegebenenfalls ein Vorschlag für eine Markt begleitende Beobachtung vorzulegen.
Produkte, die als Lebens- und Futtermittel verwendet werden können (z. B. Mais), werden nur zugelassen, wenn die Zulassungskriterien sowohl für Lebens- als auch für Futtermittel erfüllt sind.
Die Entscheidung über eine Zulassung trifft in der Regel die EU-Kommission. Jede Genehmigung wird auf zehn Jahre begrenzt; eine Verlängerung ist möglich.
Alle zugelassenen Produkte werden in ein öffentlich zugängliches Register eingetragen. Dies gilt auch für bereits zugelassene und auf dem Markt befindliche GVO-Produkte.
Eine Erneuerung der Zulassung muss spätestens nach neun Jahren beantragt werden.




















Kennzeichnungsregelungen für gentechnisch veränderte Lebensmittel

Welche Produkte müssen gekennzeichnet werden?

Bei der Kennzeichnung wurde das Nachweisprinzip aufgegeben zu Gunsten des Anwendungsprinzips. Nun spielt es für die Kennzeichnung keine Rolle mehr, ob die jeweilige gentechnische Veränderung im Produkt nachweisbar ist. Kennzeichnungspflichtig sind alle Lebensmittel, die GVO enthalten, aus solchen bestehen oder aus solchen hergestellt wurden.
Basis für die Kennzeichnung:
Bisher galt das Nachweisprinzip, d. h. eine Kennzeichnung muss nur dann erfolgen, wenn die gentechnische Veränderung im Endprodukt nachweisbar ist.
Künftig gilt das Anwendungsprinzip, d. h. Kennzeichnungspflichtig sind alle Produkte, die aus einem GVO hergestellt werden, unabhängig von der Nachweisbarkeit im Endprodukt.


Eine so umfassende Kennzeichnung ist nur möglich, wenn geeignete Systeme zur Rückverfolgbarkeit und eine lückenlose, den Warenstrom begleitende Dokumentation etabliert sind. Die EU-Verordnungen verpflichten damit alle an der Lebensmittelkette Beteiligten, die Rohstoffe aus GVO erzeugen oder mit ihnen handeln, Informationen über in einem Lebensmittel oder Rohstoff vorhandene GVO an die nachfolgende Verarbeitungsstufe weiterzuleiten.










Wie wird gekennzeichnet?
Die Kennzeichnungspflicht gilt grundsätzlich für alle Lebensmittel, unabhängig von der Angebotsform. Jede Zutat wird einzeln gekennzeichnet, auch zusammengesetzte Zutaten.
â–º Kennzeichnung bei vorgefertigten oder verpackten Lebensmitteln:
Bei Lebensmitteln mit Zutatenliste: Zusatz "genetisch verändert" oder "aus genetisch verändertem ... hergestellt" unmittelbar nach der Zutat;
Bei Zutaten mit dem Namen einer Kategorie: Zusatz "enthält genetisch veränderten ..." oder "enthält aus genetisch verändertem ... hergestellte(n) ..." im Verzeichnis der Zutaten.
Diese Angaben sind auch als Fußnote zum Zutatenverzeichnis in gleicher Schriftgröße möglich.
Bei Lebensmitteln ohne Zutatenliste: Hinweis "genetisch verändert" oder "aus genetisch verändertem ... hergestellt" in deutlicher Form auf dem Etikett.


► Kennzeichnung bei unverpackten Lebensmitteln oder sehr kleinen Packungsgrößen:
Hinweis "genetisch verändert" oder "aus genetisch verändertem ... hergestellt" in der Auslage oder in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Produkt oder auf der Verpackung in dauerhafter und sichtbarer Form sowie in gut lesbarer Schriftgröße.
► Besondere Hinweise auf neue oder veränderte Produkteigenschaften sind erforderlich bei
Lebensmitteln mit neuer stofflicher Zusammensetzung, verändertem Nährwert oder ernährungsbezogener Wirkung;
genetischen Veränderungen, die Auswirkungen auf die Gesundheit bestimmter Bevölkerungsgruppen haben könnten;
Lebensmitteln, gegen die ethnische oder religiöse Bedenken bestehen könnten.

â–º Kennzeichnungsregelungen bei Futtermitteln:
Für Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe gelten die gleichen Kennzeichnungsvorschriften wie für Lebensmittel:
Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe müssen gekennzeichnet werden, wenn sie aus GVO-Rohstoffen bestehen, daraus hergestellt wurden oder diese enthalten.
Es gelten die gleichen Schwellenwerte wie für Lebensmittel.
Die Kennzeichnung richtet sich an die Endabnehmer (Landwirte).
Lebensmittel von Tieren, die GVO-Futtermittel erhalten haben, sind weiterhin kennzeichnungsfrei.

Beispiele für bisherige und zukünftige Kennzeichnung (Lebens- und Futtermittel)
GVO-Typ
Produkt
Kennzeichnungfrüher
Kennzeichnungheute
GVO-Pflanzen
Tomate (bisher nicht zugelassen)Maiskorn, Raps
ja
ja
GVO-Lebensmittel
Maismehl (nachweisbar)
ja
ja
aus GVO hergestellte Lebensmittel
Raffiniertes Öl aus Raps, Mais, Soja, Glucosesirup aus Maisstärke (nicht nachweisbar)
nein
ja
aus GVO hergestelle Zusatzstoffe, Aromen
Hochreines Lecithin in Schokolade
nein
ja
mit Hilfe von GVO hergestellte Enzyme (technische Hilfsstoffe)
Käse (Chymosin)
nein
nein
Lebensmittel von Tieren, die mit GVO-Futtermitteln gefüttert wurden
Fleisch, Eier, Milch
nein
nein
GVO-Futtermittel, aus GVO hergestellte Futtermittel
Mais, Maiskleber, Sojaschrot
nein
ja




Schwellenwerte

Wie in der Vergangenheit gibt es auch mit den neuen Verordnungen Schwellenwerte für tolerierbare GVO-Kontaminationen, für die keine Kennzeichnung erforderlich ist. Voraussetzung ist, dass sie zufällig in das Produkt gelangt oder technisch unvermeidbar sind. Der Schwellenwert bezieht sich auf die jeweilige Zutat und liegt für in der EU zugelassene GVO bei 0,9 %. Beispiel: Maismehl kann aus Mais hergestellt sein, der zufällig bis zu 0,9 % zugelassenen GVO-Mais enthält.Bei in der EU nicht zugelassenen, aber in der EU sicherheitsbewerteten und als sicher eingestuften GVO werden - befristet auf drei Jahre - nur 0,5 % GVO-Kontaminationen toleriert. Auch hier gilt, dass sie zufällig oder technisch nicht vermeidbar ist. Danach ist für in der EU nicht zugelassene GVO keine Kontamination erlaubt. Für in der EU nicht sicherheitsbewertete GVO gilt die Nulltoleranz.